Annotation |
Aschenputtel & Co à la Toskana. (DD) Trickreiche Bauerntöchter, einfältige Prinzen und bösartige Riesen treiben ein buntes Spiel in den von Herbert Boltz aus verschiedenen Sammlungen des 19. Jahrhunderts zusammengetragenen Märchen aus der Toskana. Vorsicht, hier handelt es sich aber keineswegs um nette Einschlafgeschichten für Kinder, im Gegenteil: Diese Märchen für Erwachsene strotzen nur so von Verrat, Betrug, Rache, Derbheit und Erotik. Wobei sie sicherlich den Geist einer Region widerspiegeln, die sich schon seit der Renaissance durch Weltoffenheit, Machtdenken und einer aufgeklärten Religiosität auszeichnet. Mit gesundem Menschenverstand ausgestattet wählt ein Fischersohn statt der Hand der verwöhnten Prinzessin lieber einen Zauberstab, der materielles Glück verheißt, und die "La bella Giovanna" (eine italienische Variante zu unserem Aschenputtel) schafft als Bauerntochter mit lockerem Mundwerk den Aufstieg zur Königin. Manche Geschichten erscheinen extrem bösartig, etwa die des alten Kaufmanns, der seinen Sohn schlecht behandelt, und als dieser wegzieht und selbst erfolgreicher Händler wird, so von Neid geplagt wird, dass er erkrankt und erst dann wieder fröhlich ist, als der Sohn eines unnatürlichen Todes stirbt. Aber alte Märchen aus unserem Raum zeichnen sich ja auch nicht unbedingt durch Political Correctness und moralische Grundsätze aus. Trotzdem - die Märchen aus der Toskana sind ein interessantes kulturhistorisches Dokument für italophile Leser/innen, die der toskanischen Seele genau auf den Grund gehen möchten. *bn* Doris Schrötte |